Buchempfehlung

18
Jul
2011

Funkstille

Tina Solimann hat "Funkstille" geschrieben,
nachdem sie mit ihrer Dokumentation "Für mich bist du gestorben" eine ungeahnte Resonanz
ausgelöst hat.
Wie Angela Kindt mit ihrem Buch "Wenn Kinder den Kontakt abbrechen"
spricht sie ein Thema an, das offensichtlich viele betrifft, über das
aber erst in jüngster Vergangenheit öffentlich gesprochen u.nachgedacht wird:
den Kontaktabbruch zwischen Menschen, die sich sehr nahe stehen.

Sie beginnt mit einer Erklärung des Titels, einem Begriff aus der Schifffahrt,
der die Einstellung des Funkverkehrs bedeutet, "um den Empfang von Notsignalen sicherzustellen."

Der Buchtitel "Funkstille" ist Bezeichnung für einen Vorgang, der "den plötzlichen und
wortlosen Abbruch einer Beziehung bezeichnet, gleichzeitig ein
wissenschaftlich noch unerforschtes Phänomen, von dem noch keinerlei Zahlenmaterial vorliegt".

In diesem Buch geht Solimann - gut lesbar, verständlich und nachvollziehbar- zum
einen der Frage nach, weshalb Menschen (scheinbar) ohne Vorwarnung den Kontakt zu ihnen nahe
stehenden Personen - der Mutter, der Schwester, der Freundin - abbrechen und diese Funkstille
teilweise über Jahrzehnte aufrechterhalten trotz Kontaktangeboten, und zum anderen, was damit
"zur Sprache" gebracht werden soll.

Denn nach Wazlawick ist es nicht möglich, nicht nicht zu kommunizieren.

Sie interviewt Verlassene und Abbrecher und versucht Gründe, Motive herauszufinden,
die zum Abbruch geführt haben.

Gründe sind zum einen in der Person des/der Verlassenen und in der des Abbrechers zu
suchen, möglicherweise aber auch gesellschaftspolitisch begründet, wenn es sich um Menschen
der Kriegsgeneration handelt, die in der Regel nicht gelernt haben, sich, ihre Gefühle zu
kommunizieren bzw. überhaupt so etwas wie Kommunikationskultur und/oder Konfliktbewältigung
zu entwickeln.

Ob die Wahl der Funkstille als unangemessene Strafe bewertet wird oder als einen Akt der
Notwehr hängt vom Standpunkt der Beteiligten ab.
Darüber hinaus versucht sie mit Fachleuten wie Therapeuten und Psychologen die "ambivalente
Situation der Funkstille" zu verstehen, Antworten nach dem Warum näher zu kommen und
auszuloten, unter welchen Umständen Funkstille doch etwas Gutes hat, falls sie nicht als Manipulation, als Machtinstrument eingesetzt wird, den anderen zu bestrafen bzw. ihn
zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen.

Sie macht darauf aufmerksam, dass ein massiver Konflikt besteht, etwas, was jemand vorher
vielleicht überhaupt nicht wahrgenommen hat.

Gerade für die Situation, in der die verlassene Person alle Signale überhört hat,
ist in dem Moment klar: Da ist etwas Massives vorgefallen, und wenn es gelingt, das zu klären,
dann ist es auch möglich, die Beziehung zu retten.
Doch: "Das setzt aber intensive Arbeit voraus" und die Bereitschaft beider Beteiligten.

Dann und nur dann könnte Funkstille tatsächlich ein reinigender Donnerschlag gewesen sein.
Für die Zukunft müsste dann aber auch klar sein, "dass die Funkstille kein adäquates Mittel
zur Lösung von Konflikten ist".

Es ist ein Buch, das die Möglichkeit bietet, sich sein eigenes Konfliktverhalten zu
verdeutlichen und das Verhältnis zu den Eltern und zu den eigenen Kindern zu reflektieren,
so denn Handlungsbedarf besteht.

Quelle: MonaLisa Blog

Tina Solimann, Funkstille, Wenn Menschen den Kontakt abbrechen, Stuttgart 2011, 196 S., ISBN 978-3-608-94562-1

Die Masken der Niedertracht

Rezension von Helga König :

Die Masken der Niedertracht: Seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen
wehren kann von Marie-France Hirigoyen(Taschenbuch)

Die in Paris praktizierende Psychoanalytikerin und Familientherapeutin Marie-France Hirigoyen
befasst sich in diesem Buch mit dem Phänomen der seelischen Gewalt im Alltag und
verdeutlicht, dass diese von Seiten perverser Narzissten an ihren Partnern, Kindern, auch ihren Arbeitskollegen ausgelebt wird und die Opfer krank macht.
Hirigoyen versucht die Betroffenen zu ermutigen ihrer eigenen Wahrnehmung zu trauen
und sich zur Wehr zu setzen.

Den Aggressor benennt die Therapeutin als narzisstischen Perversen.
Gemeint ist damit eine Person, die unter dem Einfluss ihres großartigen Ichs versucht,
eine Bindung an ein zweites Ich aufzubauen, indem sie insbesondere mit der narzisstischen
Unversehrtheit des anderen den Kampf aufnehmen, um ihn zu entwaffnen.

Sie getrauen sich auch heran an die Eigenliebe des anderen, an sein Selbstvertrauen,
seine Selbstachtung und an seinen Glauben an sich selbst. Zeitgleich versuchen sie glauben
zu machen, das Band der Abhängigkeit zwischen dem anderen und ihnen sei unersetzlich
und es sei der andere, der sich darum bemühe.

Es fällt auf, dass solche Menschen nicht nur durch Größenideen gekennzeichnet sind, sondern
auch durch eine extrem egozentrische Einstellung, einen Mangel an Einfühlung und Interesse
für ihre Mitmenschen - so sehr sie andererseits nach deren Bewunderung und Anerkennung gieren -.
Narzisstische Perverse empfinden starken Neid auf andere, die etwas haben, was sie nicht haben,
und sei es einfach bloß Freude am Leben.

Die Psychoanalytikerin konstatiert, dass es diesen Menschen nicht nur an Gefühlstiefe fehlt,
sondern ihr Gefühlsleben auch nur mangelhaft differenziert ist, die Emotionen rasch aufflackern,
aber ebenso rasch wieder verschwinden.
Besonders fällt das Fehlen echter Gefühle von Traurigkeit, Sehnsucht und Bedauern auf.
Das Unvermögen zu echten depressiven Reaktionen ist ein Grundzug der narzisstischen Persönlichkeit.

Die Autorin zeigt nun wie narzisstische Perverse über ihre Herrschsucht und über mittelbare und unmittelbare Gewalt ihren Lebenspartner aber auch ihre Kollegen am Arbeitsplatz und Menschen
anderswo zu destabilisieren suchen, indem sie herabwürdigen, diskreditieren, isolieren,
schikanieren, den anderen zu Fehlern verleiten, oder sexuell belästigen.

Bei Menschen mit diesem Charaktermuster muss die Liebe stets gespalten sein und umgeben von Hass.
Quälen ist die Art ihre Beute nicht loslassen zu wollen, wenn es der Partner geschafft hat, sich zu entfernen. Je stärker der Machttrieb, desto größer ist der heimliche Groll und die Wut.
Der narzisstisch Perverse will durch seine Machenschaften den anderen an sich zweifeln lassen.
Dazu sind ihm alle Mittel recht; hinterhältige Anspielungen, Lügen, Ungeheuerlichkeiten etc.

Ein solch gestrickter Aggressor verweigert stets die unmittelbare Kommunikation, um aus dem
Hinterhalt anzugreifen und sein Opfer, wo er nur kann, als Versager abzustempeln.

Noch schlimmer, wenn der Aggressor ein solches Verhalten gegenüber wehrlosen Kindern gegenüber ausübt. Solche Kinder benötigen in der Folge dringend therapeutische Hilfe, weil Kinder, welche Opfer von perversen Aggressionen sind, einen toten Kern in sich tragen, der eine Spirale der Zerstörung in Gang setzt, die sich später im Erwachsenenalter auslebt.

Sobald ein Opfer widersteht und versucht sich aufzulehnen, weicht die Böswilligkeit einer erklärten Feindschaft.
Nun beginnt die Phase der seelischen Zerstörung, die man als Psychoterror bezeichnen kann.
Beim perversen Handlungsablauf ist nicht bloß das Ringen um Macht im Spiel, sondern vor allem
der Genuss, den anderen wie ein Objekt , genauer wie eine Marionette zu behandeln.

Der Aggressor zwingt sein Opfer in die Position der Ohnmacht, um ihn dann ungestraft zu zerstören. Perverse Manipulatoren ertragen nicht den geringsten Widerspruch gegen ihre Macht und verwandeln konfliktäre Beziehungen in Hass, die nicht selten sogar die Zerstörung des Partners zum Ziel haben.

Im Kapitel "Die perverse Beziehung und die Protagonisten" zeigt die Autorin, dass der Aggressor die unmittelbare Kommunikation verweigert. Werden direkte Fragen gestellt, weichen Perverse aus.
Diese Form der Nichtkommunikation findet sich auf allen Äußerungsebenen. Lüge, Sarkasmus, Spott, Verachtung, auch der Gebrauch von Paradoxen, das Herabsetzen, das Trennen um besser herrschen zu können. Dem anderen seine Herrschaft aufzwingen sind Ziele des narzisstisch Perversen.
Wie sich diese Verhaltensmuster im Einzelnen darstellen, erläutert die Psychoanalytikerin im Buch ausführlich.
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Kontaktabbruch

Wenn erwachsene Kinder ihre Eltern verlassen....

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ja..
und trotzdem..kinder bleiben kinder für die eltern....(sagt...
LadylikeKandis - 20. Jul, 19:39
..die "Kinder"
Durch die Medien wird allmählich das Thema Kontaktabbruch...
AusRufeZeichenSetzen - 20. Jul, 15:37

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Marie-France Hirigoyen - Die Masken der Niedertracht

Tina Solimann - Funkstille

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Zuletzt aktualisiert: 31. Mär, 12:04

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